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Freiburg - Exerzierplatz

unbekannt , Messplatz
Historische Adresse: Exerzierplatz
Am 17. Juni sollte eine große Verbrennung von "undeutscher" Literatur aus verschiedenen Freiburger Bibliotheken auf dem Exerzierplatz stattfinden. Wegen starken Regen wurde diese Verbrennung abgesagt, Doch der Bann Südbaden der HJ betonte am 20. Juni im NSKampfblatt „Der Alemanne“, die große Masse der Bücher sei zwischenzeitlich auf dem Exerzierplatz verbrannt worden.

Bücherverbrennungen in Freiburg und Südbaden

Lange Zeit herrschte die Ansicht vor, dass es in Freiburg 1933 keine oder nur eine nachgeholte, nicht-öffentliche Bücherverbrennung gegeben habe. Die Gründe dafür wurden unter anderem in Regenwetter oder Unstimmigkeiten zwischen der Deutschen Studentenschaft (DSt) und dem NS-Studentenbund gesehen. Tatsächlich verhinderten mehrfach Starkregen wie auch konkurrierende politische Veranstaltungen die Abhaltung symbolisch aufgeladener Inszenierungen. Die örtlichen Nationalsozialisten und ihre deutschnationalen Verbündeten ließen die Angelegenheit allerdings nicht auf sich beruhen. Vielmehr zeigt sich ihre Hartnäckigkeit darin, dass wegen der Verschiebungen insgesamt sogar acht Termine für Verbrennungen angesetzt wurden: 17. März, 10. und 31. Mai, 14., 17., 21. und 24. Juni sowie ein Nachholtermin für den 17. Juni.
Es ist von mindestens drei bis vier 1933 tatsächlich realisierten Bücherverbrennungen auszugehen. Gesichert ist die vom 17. März beim Sturm auf das Verlagsgebäude der sozialdemokratischen Zeitung Volkswacht in der Predigerstraße. Hierbei wurden Zeitungen und Bücher aus dem Haus geworfen und auf der Straße angezündet, ein Teil wurde entwendet. Ob der öffentlich angekündigte Akt der „Deutschen Studentenschaft“ im Rahmen der „Aktion wider den undeutschen Geist“ am 10. Mai vor der Universität durchgeführt wurde, ist bis heute nicht geklärt. Hierzu liegen widersprüchliche Zeitzeugenaussagen vor.
Die beiden auf dem Münster- und dem Messplatz für den 17. Juni geplanten Verbrennungen im Rahmen einer „Kulturellen Kampfwoche“ der Hitlerjugend (HJ) wurden kurzfristig abgesagt, jedoch bald darauf nachgeholt. Der Ort ist nicht bekannt. Es liegt jedoch nahe, dass dafür wieder der Messplatz gewählt wurde. Am 24. Juni fand im Universitätsstadion an der Schwarzwaldstraße eine „Bismarck- und Sonnwendfeier“ der Universität statt. Sie war zunächst als Veranstaltung der DSt und des „Kampfbundes für deutsche Kultur“ geplant worden. Außer dem Sonnwendfeuer brannten, nach mehrfachen Verschiebungen dieses Aktes, schließlich noch einmal Bücher.
Darüber hinaus gab es mehrere Ereignisse, bei denen es möglicherweise zu weiteren Bücherverbrennungen kam: Die beiden Besetzungen des Gewerkschaftshauses am Schwabentorplatz im März fanden im selben Kontext wie die Erstürmung des Volkswacht-Gebäudes statt und die Gewerkschaften hatten ihre eigenen Arbeitsbibliotheken. Es ist also denkbar, dass es auch hierbei zu Verbrennungen kam, dafür liegen aber keine konkreten Hinweise vor. Bei der Stürmung des jüdischen Verbindungshauses Neo-Friburgia in der Basler Straße 44 am 28. Juni durch SA- und SS-Studenten wurde das Inventar des Hauses im Garten verbrannt. Dass gerade hier auch Bücher verbrannt wurden, ist zumindest wahrscheinlich. Es liegt zudem ein konkreter Hinweis dafür vor, dass Nationalsozialisten sogar noch 1938, im Nachgang zum Novemberpogrom, Bücher jüdischer Eigentümerinnen und Eigentümer plünderten und auf einem von einem Ochsen gezogenen Karren sammelten, um sie anschließend zu verbrennen.
Anders als oft angenommen, fanden Bücherverbrennungen nicht nur in Universitätsstädten statt. Insbesondere in Baden waren durch eine Kampagne der HJ auch viele kleinere Orte betroffen, in denen dies heute oft nicht (mehr) bekannt ist. Für Südbaden lassen sich bislang Aktionen im Juni und zum Teil noch im Juli nachweisen für Emmendingen, Kenzingen, Lörrach, Müllheim, Neustadt, Rheinfelden (mit Beteiligung aus Wyhlen und Grenzach), Säckingen, Schopfheim, Villingen, Waldkirch und Waldshut. Eine breitere Analyse der jeweiligen Lokalzeitungen könnte weitere betroffene Orte ans Licht bringen.
Text: Heiko Wegmann
Siehe dazu weiter: Heiko Wegmann: Dunkle Wolken über Freiburg. Nationalsozialistische Bücherverbrennungen, „Säuberungen“ und Enteignungen, hgg. von Mona Djabbarpour und Andreas Jobst als Heft 25 in „Stadt und Geschichte, Neue Reihe des Stadtarchivs Freiburg i. Br.“, Ubstadt-Weiher u.a. 2023







Verbrannte Orte